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Entdeckung per Zufall


Als die Munzachquelle 1950 neu gefasst wurde, entdeckte Theodor Strübin in der Baugrube Säulentrümmer und römische Ziegel. Bei der anschliessenden Grabung kamen die Fundamente der 1765 abgebrochenen Kapelle St. Laurentius und die Überreste eines römischen Badegebäudes zum Vorschein. Weitere Grabungen bestätigten die Vermutung, dass er auf die Ruinen einer römischen Villa gestossen war.
 
Lesen Sie auch den 2010 in der Volksstimme erschienenen Beitrag von H. Spinnler mit dem Titel: «Munzach» Der Römerfund des Jahrhunderts Teil 1  Teil 2
 
 
 
römischer Gutshof von Munzach: der Ausgräber Theodor Strübin mit den Munzachbuben   römischer Gutshof von Munzach: der Entdecker Theodor Strübin bei der Auswertung von Funden
Theodor Strübin gibt den Munzachbuben Anweisungen 
und wertet die neuesten Fundstücke aus.
 
                

  
 
Die Reste von mehreren Mosaikböden und weitere spektakuläre Funde lösten eine wahre „Römerbegeisterung“ aus: Sogar von Zürich, Bern und der Badischen Nachbarschaft strömten die Menschen zu Sinfoniekonzerten, Theateraufführungen, Vorträgen und Hochzeiten nach Munzach.
 
 

Die Römer bringen Glück: Frischvermählte  in den Ruinen des Gutshofs von Munzach


 
Leider gab es damals noch keinen offiziellen archäologischen Dienst. In vielen kleinen Etappen grub der Primarlehrer Theodor Strübin bis in die 1970er Jahre die Villa mit Hilfe von Schülerinnen und Schülern aus, den Munzachbuben und Munzachmädchen. Zum Vorschein kamen die Überreste eines grossen römischen Gutshofs, von dem ein Teil des Herrenhauses am Fuss des Munzachberges erhalten wurde. Die ganze Anlage erstreckte sich ursprünglich beidseitig des Rösernbaches über eine Fläche von 150 x 350 m und war von einer Hofmauer umgeben.
 
 
 
 

Römischer Gutshof von Munzach: Grabungsstand 1954 mit Notizen von Theodor Strübin
 
Grabungsstand 1954 mit Notizen des Ausgräbers Theodor Strübin zur 
Datierung des Mosaiks im Säulengang.
Original, Archiv Munzachgesellschaft Liestal 

 
 
Ein geschichtsträchtiger Ort

Die ältesten Funde aus dem Gebiet der römischen Villa Munzach sind Scherben von Gefässen aus der Spät-Latènezeit (spätes 1. Jh. v.Chr.). Sie deuten auf eine keltische Vorgängersiedlung hin.
 
Ein römisches Mauerfundament an der Ostseite der späteren Kirche St. Laurentius und der in der Quelle gefundene Altar lassen vermuten, dass hier einst ein Tempel stand. Wie der im frühen 1. Jh. n. Chr. gegründete Gutshof aussah, der in engem Kontakt zur 5 km entfernt liegenden Römerstadt Augusta Raurica stand, wissen wir nicht. Vielleicht bestand er aus hölzernen Gebäuden, die später durch Stein- und Umbauten zerstört wurden. In der Blütezeit im 2. Jh. und frühen 3. Jh. stand hier eine der grössten bisher bekannten Villenanlagen der Schweiz. Der Niedergang von Augusta Raurica im späteren 3. Jh. wird auch die Villa von Munzach tangiert haben. Nur wenige Funde sind aus der 2.  Hälfte des 4., 5. Jh. und der 1. Hälfte des 6. Jh. erhalten. 
 
Laut Theodor Strübin entstand aus dem römischen Hofgut Monciacum das alemannische Dörfchen Monzacha, später Munzach. Die einfachen Holzhäuser reihten sich um das nahe der Quelle gelegene, aus römischen Bausteinen errichtete Kirchlein, das dem heiligen Laurentius geweiht war. Die frühmittelalterliche Siedlung lässt sich für die Zeit von 550 bis 1200 nachweisen.
  
Zwischen dem 9. Jh. und der Mitte des 12. Jh. wurde im vorderen Röserntal Erz abgebaut. Die eisengewerbliche Siedlung hatte offenbar keinen Kontakt zum Dorf Munzach, sondern gehörte zum Kloster St. Gallen. Über das Dorf Munzach ist ansonsten nur wenig bekannt – auf Bodenverfärbungen von Pfostenlöchern zu achten, war die Bodenforschung damals noch nicht sensibilisiert.
 
Ein revival erlebte die Anlage im frühen Hochmittelalter: Es entstand dort ein Dorf, das bis ins 13. Jh. existierte. Sein römischer Name Munciacum (Munzach) hat sich bis sogar bis heute erhalten.
 
Mitte des 16. Jh. ging die Siedlung unter, doch blieb die Kirche von Munzach für die Leute von Schauenburg, Röseren und vor allem von Frenkendorf und Füllinsdorf weiterhin Gotteshaus. Bis zur Reformation war sie zudem ein in der Region beliebter Wallfahrtsort. Mit der Erhebung des Gotteshauses von Frenkendorf zur Pfarrkirche setzte der Niedergang des Munzacher Kirchleins ein, das 1765/66 abgebrochen wurde.
 
Der Taufstein wird heute in der Frenkendörfer Kirche aufbewahrt, ein Glockenturm in der Kirche von Benken, ein anderer im Historischen Museum in Basel. Die Funde aus der römischen Zeit werden an verschiedenen Orten aufbewahrt.

 
Aussehen des stattlichen Landgutes
 

Der römische Gutshof (villa rustica) von Munzach bestand - wie es üblich ist - aus einem Herrenhaus (pars urbana = „städtischer Teil“) und einem Ökonomieteil (pars rustica = „ländlicher Teil“). Der Rösernbach durchzog das abfallende Gelände und verliess das Areal durch ein "Wassertor". Die gesamte Anlage war gut 320 m lang, gegen 160 m breit und von einer Mauer umgeben. 
 
Der Gutsbesitzer wohnte im reich ausgestatteten Herrenhaus, in dem mehrere Räumen eine Bodenheizung besassen. Auch die grosse Küche und der Badetrakt wurden geheizt. Zum Inneren hin öffnete sich ein prächtiger, gedeckter Säulengang (porticus), der mit Mosaikböden aus schwarzen und weissen Steinchen geschmückt war. Ein kleiner Laufbrunnen, den der berühmte bronzene Delfin bekrönt haben dürfte, plätscherte im Innenhof. Einige repräsentative Zimmer waren mit prunkvollen Mosaiken ausgelegt,  farbige Marmorverkleidungen und Malereien schmückten Sockelzone und Wände.
Eine Mauer oder Hecke dürfte das Wohnhaus vom übrigen Teil der Villa abgetrennt haben.
 
 
 
  Rekonstruktion des römischen Gutshofs von Munzach (Markus Schaub)
 
Rekonstruktion des Gutshofs von Munzach
 
Zum Gebäudekomplex (320 x 160 m) kam die landwirtschaftlich genutzte Umgebung hinzu.
Neu erstellte farbige Rekonstruktionszeichnung von Markus Schaub (2009). 
 
 
  
Im Ökonomieteil befanden sich entlang der Umfassungsmauern Scheunen, Ställe, Werkstätten und schlichtere Unterkünfte für die Arbeiter und Sklaven. In unmittelbarer Nähe des Herrenhauses kamen Fundamente von riesigen Lagerhallen zum Vorschein, sogar Bodenmulden, in denen einst kugelige Ölamphoren standen. Die 5 km entfernt liegende Koloniestadt Augusta Raurica dürfte der Hauptabnehmer für das angebaute Gemüse und Obst sowie die Fleischproduktion gewesen sein.
 
 
Vom zugehörigen Begräbnisplatz stammt der Grabstein für die sechzehnjährige Freigelassene Prima und ihre anderthalbjährige Schwester Araurica.

  

Datierung des römischen Gutshofes

Nach den Funden zu schliessen, entstand die villa rustica von Munzach zu Beginn des 1. Jh. n.Chr., vielleicht auf einem keltischen Vorgängerbau. In der Folgezeit wurde die Anlage laufend ausgebaut. Die kunstvollen  Mosaiken entstanden aufgrund von Vergleichen mit Funden aus Augst und anderen Fundplätzen erst in der 1. Hälfte des 3. Jh. Die Krisen im späteren 3. und 4. Jh. gingen auch an Munzach nicht spurlos vorüber, wie die spärlichen Funde nahe legen.
    

Orientierungstafel

Seit Februar 2005 informiert eine reich bebilderte und textlich instruktive Orientierungstafel – erstellt durch die Archäologie Baselland, finanziert und inhaltlich mitgestaltet durch die Munzachgesellschaft Liestal – vor Ort über den einstigen Gutshof.
 


 
Literatur: Th. Strübin, Bildbericht über die Ausgrabungen in Munzach 1950–55. Baselbieter Heimatblätter 20, 1956, 385–424; Y. Hecht/J. Tauber, Das Hinterland von Augusta Raurica in römischer Zeit. In: J. Ewald/J. Tauber (Hrsg.), Tatort Vergangenheit. Ergebnisse aus der Archäologie heute (1998) 429–456, bes. 446ff.; R. Marti, Zwischen Römerzeit und Mittelalter. Forschungen zur frühmittelalterlichen Siedlungsgeschichte der Nordwestschweiz (4.-10. Jahrhundert). Archäologie und Museum 41 (2000) bes. 276ff. 
 
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